GESTERN
Cholera, Tuberkulose und tausende Verletzte
Im Jahr 1914 hatte das Krankenhaus 70 Bedienstete: acht Ärzte, 33 Pflegeschwestern, fünf Angestellte in der Verwaltung, acht für die Küche, sechs für die Wäsche, fünf unter der Rubrik "Dienerschaft", ein "Hauspersonal" sowie vier als Betriebspersonal. Vor allem durch das Überhandnehmen von Seuchen wurde im Ersten Weltkrieg der Platzmangel aufs Neue akut. Man versuchte, diesem Mangel durch Aufstellen von Baracken abzuhelfen. So entstand am Krankenhausgelände eine Cholerabaracke, etwas später, im März 1915, eine neue Isolierbaracke mit einem Belegraum für 35 Patienten. Doch auch das genügte nicht. Der Krieg brachte zahlreiche Menschen, die in den gewaltigen Schlachten verwundet worden waren, in die Stadt. So folgte im Mai 1915 die Errichtung eines Notspitals in der Josefstädter Schule. Im Bedarfsfall konnten hier 350 Betten untergebracht werden. 1916 wurde im Konvikt des Zisterzienserstiftes Neukloster ein weiteres Notspital eingerichtet. Außerdem wurde auf dem Areal der heutigen Döttelbachsiedlung ein riesiges Militärbarackenlager, das sogenannte Kriegsspital, errichtet, das Lazarettbaracken für 1.500 Mann umfasste. Der immer heftiger werdende Krieg sorgte dafür, dass das Kriegsspital nicht nur voll, sondern oft überbelegt war. So ist 1917 von 1.650 Patienten und rund 300 Personen Bedienungs- personal die Rede. Nach dem Krieg wurden die Baracken, da die Wohnungs- not in Wiener Neustadt besonders drückend war, als Wohnunterkünfte verwendet. Während des Ersten Weltkriegs erwies sich der Krankentransport als sehr schwierig. Pferde waren kaum zu bekommen, ein Rettungsauto wurde dem Roten Kreuz übergeben. So mussten Kranke mit der Räderbahre transportiert werden. 1916 wurde der Stadt vom Ministerium nach dem Krieg ein Sanitätskraftwagen versprochen. Benötigt hätte das Krankenhaus aber drei Wägen. Schließlich beschloss der Gemeinderat den Ankauf eines Krankenautos mit Sanitätskarosserie. Die Tuberkulose und ihre Bekämpfung Zu den schlimmsten bakteriellen Infektionskrankheiten der letzten 100 Jahre zählt wohl die Lungentuberkulose. Sie hatte vornehmlich die arme Stadtbevölkerung erfasst. Die Ursache war das Zusammentreffen arger Wohnverhältnisse, schlechter Ernährung und körperlicher Überanstrengung bei Arbeitsplätzen in ungesunden Werkstätten und Fabrikhallen. Dieser Seuche, im Volksmund auch "Proletarierkrankheit" genannt, sind viele Menschen, vor allem auch Kinder, zum Opfer gefallen. In Schulen, Bahnhöfen, Büros, Hausfluren und Eisenbahnwaggons wurden Schilder mit der Aufschrift "Freies Ausspucken verboten!" angebracht, um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. |
Das Krankenhaus im Ersten Weltkrieg und in der Zeit danach ![]() Faksimile Flugblatt "Achtung vor der Tuberculose!" |